Über die Wintermonate servieren ehrenamtliche Helfer einigen Hundert Menschen ein warmes Mittagessen. Es sind Einsame, Kranke, Obdachlose und Arme, die bei der Winterhilfe betreut werden. Und dabei geht es um mehr als das Essen.
Von Andrea Döring
„Das Essen ist lecker und ich komme mal raus aus den vier Wänden“, freut sich Katja. Rouladen mit Knödeln und Rotkraut und zum Nachtisch Pfannkuchen gibt es diesmal bei der Winterhilfe am Montag. Rund 30 ehrenamtliche Helfer servieren das Essen im Prälat-Walzer-Haus gleich hinter der katholischen St.-Ludwig-Kirche in Mitte. Beim letzten Termin der diesjährigen Aktion sind über 100 Gäste gekommen. Jeden Montag – 19-mal seit November letzten Jahres – gab es in Zusammenarbeit mit der Pfarrei Heilige Petrus und Paulus, der Caritas und den Maltesern warmes Essen, mit Kaffee, Tee und anderen Getränken, oft auch mit Nachtisch. Schon zum zweiten Mal fand die Aktion statt. Das Team um Gemeindereferentin Simone Hartner ist zufrieden und hofft, auch im November wieder die Winterhilfe anbieten zu können.
„Schön wäre es, wenn es dieses Angebot das ganze Jahr über gäbe“, wünscht sich Sandra aus Ludwigshafen. Die 45-Jährige lebt wegen einer schweren Krankheit von der Grundsicherung. „Das kann man schaffen, aber es ist nicht leicht“, berichtet sie. Wie bei vielen Gästen ist das Menü für sie eine willkommene Entlastung des schmalen Budgets. Doch noch wichtiger als die finanzielle Seite ist ihr wie vielen anderen der Besucher, sich mit anderen Menschen zu treffen und sich zu unterhalten. „Einsamkeit, Armut, Obdachlosigkeit sind oft die Gründe der Menschen, zu uns zu kommen“, erläutert Hubert Münchmeyer, Vertreter von Dekan Alban Meißner. Viele seien körperlich, aber auch psychisch krank oder hätten Suchtprobleme. „Aber hier braucht keiner einen Schein vorzuzeigen, weder den, der die Bedürftigkeit bestätigt, noch den Taufschein“, erklärt der Diakon.
Ein Kenianer staunt„Ich hätte nie gedacht, dass es in Deutschland Armut und Obdachlosigkeit gibt“, staunt Pfarrer Thomas Kigen Cherono. Für ein Sabbatjahr ist er aus Kenia nach Deutschland gekommen. Er zitiert das Matthäus-Evangelium: „Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen.“ Die Winterhilfe sei eine Umsetzung einer der wichtigsten Botschaften des Evangeliums, meint er. Aktionen wie diese gehören zu den Kernaufgaben der Kirchen, sagt auch Münchmeyer. „Gerade in Zeiten, in denen die katholische Kirche stark in der Kritik steht, ist es wichtig, sich auf solche Einsätze zu konzentrieren“, betont er.
Brennende Kerzen und kunstvoll arrangierte Blumen schmücken die Tische im ersten Stock des Prälat-Walzer-Hauses. Eine Dame, die wie die meisten Ehrenamtlichen nicht mit Namen genannt werden möchte, hat die Tische dekoriert. In der Serviette jeden Gastes ist ein buntes Osterei versteckt. Die Besucher kennen sich oft untereinander. Sie halten sich gegenseitig Plätze frei. Jens kommt pünktlich um 12 Uhr, doch fast alle Stühle sind schon besetzt. Sein Tischnachbar hat allerdings schon auf ihn gewartet und eine Jacke auf seinen Platz gelegt. Für Katja am gleichen Tisch hat eine Ehrenamtliche aus Frankenthal eine Extrawurst bereit. Wie deren Mann kommt Katja aus Kroatien. Eine Spezialität aus dem Land an der Adria hat die Frankenthalerin für sie mitgebracht. „Ich bin auch Kroate“, schwindelt Jens augenzwinkernd.
Essen aus FrankenthalDas Essen kommt von der Caritas in Frankenthal. Diakon Mladen Svoboda, der lange im Ökumenischen Gemeindezentrum in Frankenthal-Süd gearbeitet hat, möchte eine vergleichbare Aktion auch in Frankenthal auf die Beine stellen. Er trägt auch das Essen zu den Tischen, doch seine Hauptaufgabe sieht er – zusammen mit anderen Diakonen und Pfarrern, in der Seelsorge. „Es kommen gute Gespräche zustande“, berichtet er. Auch Hilfsangebote von Kirchengemeinden, Caritas und den Maltesern kann er den Gästen unterbreiten.