Neun weitere Stolpersteine in Ludwigshafen verlegt – Mit dem Comedian Bernhard Hoecker gibt es einen prominenten Unterstützer Von Lutz Schwab
Es ist kein Star-Auftritt, den der Comedian Bernhard Hoecker im Ludwigshafener Stadtteil Friesenheim absolviert. Er hat die Verlegung von sieben Stolpersteinen in der Ritter-straße initiiert. Die sieben Steine erinnern an die Familien Levy und Hoecker. Eine Stunde zuvor waren in der Heinigstraße in Mitte zwei Steine verlegt worden, die an die Familie Rothschild erinnern. Bei den Rothschilds wurde wahrscheinlich beim Mittagessen gescherzt, dass man zwar einen großen Namen trage – aber eben zu den anderen Rothschilds gehört. Die Familie mag in der Nachbarschaft eine Institution gewesen sein. 1938 war das vorbei. Sally Rothschild, 1897 in Fußgönheim geboren, wurde verhaftet, nach Dachau verschleppt, nach Gurs deportiert und schließlich nach Auschwitz verfrachtet. Ob er den Transport überlebte, ist ungewiss. Spätestens im Lager wurde er von den Nazis ermordet. Sein Sohn Richard kam zunächst in die Obhut seiner Tante in Maxdorf, die dort mit ihrem Mann eine Werkstatt für landwirtschaftliche Geräte betrieb. Der Kleine wurde versteckt und überlebte. Über die Familie und die Zeit im Versteck habe er nie ein Wort verloren, erinnern sich die Angehörigen. Als Richard Rothschild 2009 starb, wurde er nach jüdischem Brauch beigesetzt. An seinen Vater und ihn erinnern jetzt zwei Stolpersteine vor der Tür des Hauses Heinigstraße 39. Schüler des Carl-Bosch-Gymnasiums haben die Geschichten recherchiert. „Der Kuchen auf dem Tisch, das Fenster offen, die Kinder tollen herum – zwischendurch denke ich immer wieder daran, wie die Leute damals hier gelebt haben, nichtsahnend, was auf sie zukommt.“ So ruft auch Bernhard Hoecker das Schicksal der Menschen in Erinnerung, die ab den 1930ern von den Nazis verfolgt wurden. Hoecker erzählt, dass er mit einem Stammbaum seiner Familie begonnen habe. Aus Interesse habe er „Hoecker“ auf der Suchseite der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem eingegeben – und die Suche habe ihm direkt Treffer genannt. „Wir sind verwandt, aber die Linien trennten sich irgendwann im 18. Jahrhundert“, so Hoecker. Dennoch: Die Namen waren in Yad Vashem nicht vergessen, sieben Menschen, deren Leben von den Nazis bedroht waren. Bernhard Hoecker nahm mit dem Verein Ludwigshafen setzt Stolpersteine Kontakt auf und unterstützte die Aktion. Und das brachte alles in Gang. Die Geschichten von Hermann und Elisabeth Levy, Mathilde und Gustavine Levy, Alma, Peter sowie Edgar Hoecker wurden von Schülern des Max-Planck-Gymnasiums aufgearbeitet und festgehalten. Die Biografien zu recherchieren, ist die eigentliche Arbeit hinter den Stolpersteinen. Und die hat es in sich: „Sie können wieder gehen, aber wir leben hier und sehen die Stolpersteine jeden Tag“, sagt eine Anwohnerin in Friesenheim zu Bernhard Hoecker. Sie sagt es nicht böse, aber in das Idyll der Friesenheimer Ritterstraße ist ein Stück finstere Geschichte eingedrungen. Die Anwohnerin: „Wir hatten keine Ahnung, wer hier früher gelebt hat und welche Schicksale die Menschen erlebt haben.“ Die Familien Levy und Hoecker waren deportiert worden nach Gurs, nach Theresienstadt oder zur Zwangsarbeit herangezogen worden; einzig Mathilde Levy gelang mit 20 Jahren die Flucht. Ihre Schicksale sind nun festgehalten, ihre Namen vor der Haustür zu finden. Das Ziel der Nazis, die Existenz der Menschen auszulöschen, hat nicht funktioniert. 357 Stolpersteine in Ludwigshafen erzählen davon. IM NETZ www.ludwigshafen-setzt-stolpersteine.de |
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